Urteil Kfz-VersicherungKfz-Versicherung: Was bei Einwurf eines Autoschlüssels in den Briefkasten zu beachten ist

Muss ein Kaskoversicherer voll zahlen, wenn ein Fahrzeughalter den Schlüssel und die Papiere seines PKW in den Briefkasten einer Werkstatt wirft — und das Auto dann geklaut wird? Mit dieser Frage musste sich das Landgericht Oldenburg auseinandersetzen. Die Antwort lautet: Ob der Versicherer seine Zahlung wegen grober Fahrlässigkeit anteilig kürzen kann, ist auch abhängig von der Beschaffenheit des Briefkastens.

Man kennt das Problem: Das Auto muss in die Werkstatt zur Durchsicht oder wegen einer Reparatur. Weil man wochentags aber keine Zeit hat oder lang arbeiten muss, wirft man den Schlüssel samt Fahrzeugpapiere in den Briefkasten der Werkstatt. Ist nicht ganz ungefährlich: wie auch ein Autofahrer aus Niedersachsen erfahren musste.

Er hatte ebenfalls den Fahrzeugschlüssel in den Nachtbriefkasten der Werkstatt geworfen: und prompt war dieser aufgebrochen und das Auto vom Hof des Autohauses geklaut wurden. Dummerweise wollte nun auch der Kaskoversicherer nur einen Bruchteil der Kosten erstatten. Die Begründung: Der Mann habe grob fahrlässig gehandelt und damit gegen sogenannte Obliegenheitspflichten verstoßen: Pflichten also, die vorbeugend verhindern sollen, dass ein Versicherungsschaden auftritt. Daraufhin klagte der Mann vor dem Landgericht Oldenburg.

Briefkasten stabil und fest angebracht

Das Gericht bestätigte, dass dem Mann die volle Ersatzsumme zustehe: obwohl er den Schlüssel in den Briefkasten geworfen hatte. Nach § 28 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) ist der Versicherer zwar auch bei einem Diebstahl im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung einer Obliegenheit berechtigt, seine Leistung im entsprechenden Verhältnis zu kürzen, so informiert das Gericht in einem Pressetext. Doch in diesem Falle sei kein grob fahrlässiges Verhalten nachweisbar gewesen.

Der Grund: Ob grob fahrlässiges Verhalten vorliege, entscheide auch der Einzelfall. Und im konkreten Rechtsstreit die Frage, wo und wie der Briefkasten befestigt gewesen sei. Nicht nur habe sich der Briefkasten in einem -quasi- geschützten Bereich des Gebäudes befunden, der über­dacht und zurück­gesetzt gewesen sei. Zudem habe der Mann darauf geachtet, dass der Briefkasten ausreichend stabil sei und der Schlüssel nicht einfach herausgefischt werden könne, wie er selbst vor Gericht zu Protokoll gab. Dieser Einschätzung schlossen sich die urteilenden Richter an.

Die Versicherungskammer des Landgerichts kam zu dem Schluss, dass bei diesem äußeren Bild dem Kläger keine Bedenken kommen mussten, dass der Schlüssel von Unbefugten aus dem Briefkasten herausgenommen werden würde. Zudem sagte der Fahrzeughalter aus, er habe darauf geachtet, dass der Schlüssel ausreichend tief nach unten falle. Hierbei sei daran erinnert, dass viele Kaskotarife auch bei grober Fahrlässigkeit Schutz bieten. Das Urteil ist rechtskräftig (Az. 13 O 688/20).